Hackathon: Die Kurzstrecke für Programmierer

Was aussieht wie ein E-Sport-Event mit lauter Zockern, ist in Wirklichkeit eine Veranstaltung, bei der innovative Projekte gestartet, ungewöhnliche Ideen entwickelt und wichtige Kontakte geknüpft werden: ein Hackathon – quasi eine produktive Konferenz für Soft- und Hardware-Entwickler. Im Rahmen eines solchen Hackathons arbeitet man für einen begrenzten Zeitraum an einem Problem und erreicht dabei mitunter erstaunliche Ergebnisse.

Was ist ein Hackathon?

Bei dem Begriff Hackathon handelt es sich um ein Kofferwort – eine Verschmelzung von „Hacking“ und „Marathon“. So aufgeschlüsselt könnte der Begriff jedoch viele in die Irre führen, verbindet man Hacking – zumindest im deutschsprachigen Raum – doch meist mit destruktiver, krimineller Energie. Aber mit einem Hackathon hat das wenig zu tun: „Hacking“ bezieht sich in diesem Kontext vielmehr darauf, technische Probleme auf ungewöhnliche Weise zu lösen. Der Ansatz von Hackathons ist insofern ausgesprochen konstruktiv, und die Programmierer gehen mit dem Ziel ans Werk, ein hilfreiches Produkt zu schaffen.

Auch der Begriff „Marathon“ passt nicht ganz zu dem Event. Zwar ist auch konzentrierte Programmierarbeit eine schweißtreibende Angelegenheit, doch normalerweise ist Software-Entwicklung eine langwierige Aufgabe. Beim Hackathon hingegen setzt man sich absichtlich eine begrenzte Zeitspanne: Innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen soll ein nutzbarer Programmcode entstehen – ein anstrengender Sprint bei der Entwicklung von Anwendungen.

Hackathons folgen meist einem bestimmten Thema, was wiederum Einfluss auf die Teilnehmer hat. So gibt es die Entwicklerkonferenzen zu bestimmten Anwendungsarten (mobile Apps, Webanwendungen usw.), zu einer bestimmten Programmiersprache, für die API eines spezifischen Dienstes (Facebook, Google) oder einfach zu einer übergreifenden Thematik (Open Government, Barrierefreiheit u.v.m.).

Einige Hackathons verzichten auch auf eine thematische Eingrenzung: Die Teams können dann ihrer Kreativität komplett freien Lauf lassen. Teilnehmer sind in der Regel Softwareentwickler – in erster Linie (aber bei weitem nicht ausschließlich) Programmierer, also die namensgebenden Hacker. Viele bekannte Hackathons richten sich auch gezielt an Studenten oder Berufseinsteiger. Gerade für diese Gruppen kann eine solche Konferenz auch ein Sprungbrett sein: Oft sind Entscheider aus der IT-Branche bei diesen Events anwesend und daran interessiert, neue Talente zu entdecken.

Für Entwickler gibt es aber noch weitere Gründe, an einem Hackathon teilzunehmen: So sollte man die Möglichkeit zum Networking mit anderen Fachkräften und den Wissensaustausch nicht geringschätzen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Projekte, die bei einem Hackathon auf den Weg gebracht wurden, den Beginn einer längerfristigen Zusammenarbeit markieren können.

Zu guter Letzt bieten einige Organisatoren den Teilnehmern üppige Gewinne, denn viele Hackathons sind als Wettbewerb konzipiert. Bei solchen Veranstaltungen kürt eine Jury nach der Präsentation der einzelnen Projekte einen oder gleich mehrere Gewinner. Die Gewinne können dabei kleinere Sachpreise umfassen, aber auch Geldpreise in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro sind durchaus im Rahmen des Möglichen.

Die meisten Hackathons erheben keine Teilnahmegebühr oder beschränken diese auf ein kostendeckendes Minimum. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass viele dieser Programmier-Events der Open-Source-Szene entstammen oder sich dieser verpflichtet fühlen: Der größte Antrieb für alle Beteiligte dürfte daher die gemeinsame Arbeit an produktiven Lösungen sein.

Fakt

Hackathons sind zwar eng mit der Software-Entwicklung verbunden, doch inzwischen gibt es entsprechende Veranstaltungen auch in anderen Bereichen: Bei den globalen CycleHacks treffen sich beispielsweise Designer, Fahrradmechaniker und Hardwareentwickler, um gemeinsam Lösungen für einen besseren Fahrradverkehr zu erarbeiten.

Ablauf eines Hackathons

So viele Hackathons es inzwischen gibt, so unterschiedlich laufen diese ab. Abhängig von Thema, Dauer und Größe des Events unterscheiden sich auch Angebot und Zeitplan. Dennoch sind einige Elemente Bestandteil fast aller Hackathons.

  • Vorstellung: Nahezu jeder Hackathon dürfte mit einer Eröffnungsrede der Veranstalter und der Vorstellung des Events beginnen. Dabei geht man in der Regel auch auf den Ablauf ein, erläutert den Hintergrund der Veranstaltungen und erläutert das Motto des Hackathons.

  • Vorträge: Einige Hackathons bieten neben der gemeinsamen Entwicklung von Anwendungen auch typische Konferenzelemente – wie zum Beispiel Vorträge oder Workshops. Diese befassen sich meist mit Themenbereichen, die zum Veranstaltungsmotto passen, und bieten Interessierten gebündelte Informationen.

  • Informationsstände: Hackathons eignen sich auch wunderbar als Jobmessen. Deshalb werden einige Veranstaltungen auch von Unternehmen unterstützt oder gar komplett von diesen organisiert. Firmen nutzen solche Zusammenkünfte von Fachkräften gern, um sich selbst als Arbeitgeber zu präsentieren und neue Talente ausfindig zu machen.

  • Pitch: Nach Bekanntgabe des Themas haben die Teilnehmer Gelegenheit, passende Projektideen vorzuschlagen, an deren Verwirklichung sie mit anderen zusammenarbeiten möchten.

  • Teambildung: Für gewöhnlich stehen die Teams nicht im Vorfeld fest, sondern werden projektorientiert und relativ spontan vor Ort gebildet. Dabei sollten die Teams möglichst heterogen zusammengestellt sein: Menschen mit unterschiedlichen Fachkenntnissen und Hintergründen können so ein Projekt auch in kurzer Zeit enorm vorantreiben.

  • Entwicklungsarbeit: Nach der Zusammenstellung des Teams beginnt die eigentliche Arbeit. Gemeinsam arbeitet man die anfängliche Idee aus, sammelt dann beim Brainstorming mögliche Lösungsstrategien und Ideen zur Umsetzung. Nur in seltenen Fällen entwickeln die Teilnehmer innerhalb der vorgegebenen Zeit komplett fertige Produkte – das ist auch gar nicht der Zweck eines Hackathons. Vielmehr geht es darum, kreative Lösungsansätze zu finden und sich auszutauschen.

  • Schlafen & Essen: Bei vielen Veranstaltungen werden Verpflegung und Schlaf eher kleingeschrieben. Im Zuge des Hackings bleibt dafür nicht viel Zeit: Schnelle Happen zwischendurch und kurze Nächte im Schlafsack sind das Ergebnis. Natürlich muss das nicht zwangsläufig so sein: Manche Veranstalter bieten auch gesundes Catering an und helfen bei der Suche nach einer Übernachtungsunterkunft.

  • Präsentation: Insbesondere bei länger andauernden Events finden oft auch Zwischenpräsentationen statt, die über den aktuellen Stand der Projekte informieren und auf Herausforderungen hinweisen. Das kann auch Gelegenheit sein, Ratschläge der anderen Teilnehmer einzuholen. Spätestens am Ende des Hackathons stellen die Teilnehmer dann ihre Ergebnisse vor. Dabei geht es, wie gesagt, nicht um ein fertiges Produkt. Wichtiger sind die Ideen zur Lösung des behandelten Problems sowie ein Konzept, um das Projekt zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen.

  • Preisverleihung: Wenn der Hackathon an einen Wettbewerb gekoppelt ist, endet die Veranstaltung mit einer Preisverleihung. Zuvor hat sich die Jury (meist bestehend aus Veranstaltern, prominenten Fachkräften oder ausgewählten Unternehmensvertretern) bei den Präsentationen ein Bild von den Projekten gemacht und im Anschluss einen oder mehrere Sieger gekürt – oftmals können sich die Teilnehmer mit ihren Projekten für unterschiedliche Kategorien bewerben. Gewinnen können die Teams je nach Veranstaltung Preisgelder, Sachpreise oder auch Dienstleistungen wie zum Beispiel Coachings.

Hackathons in Deutschland

Hackathons gibt es inzwischen fast auf der ganzen Welt – auch in Deutschland haben sich bereits viele solcher Veranstaltungen erfolgreich etabliert. Und jedes Jahr kommen neue Veranstaltungen hinzu. Hier eine kleine Auswahl an deutschen Hackathons, bei denen es sich ein Besuch auf jeden Fall lohnt.

Jugend hackt

Bereits seit 2013 veranstaltet die der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. den Hackathon Jugend hackt speziell für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren. Ziel ist es, junge Menschen an das Programmieren von Software heranzuführen und Interesse für IT-Themen zu wecken. Die jungen Menschen arbeiten hauptsächlich autark und werden nur bei Problemen durch Mentoren unterstützt. Inzwischen findet der Event in mehreren deutschen Städten sowie in Österreich und der Schweiz statt. Die Veranstaltung läuft in der Regel von Freitag bis Sonntag und übernachtet wird in Schlafsäcken.

OpenCodes Hackathon

Der OpenCodes Hackathon in Karlsruhe ist der größte von Studierenden organisierte Hackathon Deutschlands. Als Location hat man das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) gewählt, ein Museum mit Schwerpunkt auf Medienkünsten. Der Event ist an einen Wettbewerb gekoppelt: In vier Kategorien können die Teilnehmer in Projekten antreten, wobei die Hauptkategorie (die im Gegensatz zu den anderen Kategorien von den Veranstaltern und nicht von Sponsoren organisiert wird) thematisch komplett frei ist. Die verantwortliche Non-Profit-Organisation Hack & Söhne veranstaltet im Kontext dieses jährlichen Hackathons noch regelmäßig TechTalks und Bootcamps.

Coding da Vinci

Dieser Kultur-Hackathon, der 2014 in Berlin gestartet wurde und inzwischen in mehreren deutschen Städten zu finden ist, hat den Zweck, Entwicklungen rund um offene Daten zu fördern. Die Projekte, die bei Coding da Vinci vorangetrieben werden, dienen der besseren Verarbeitung und Verbreitung von Open Data aus dem Kulturbereich – also Daten, die für jedermann zugänglich und nutzbar sind. Außergewöhnlich an diesem Event ist insbesondere der Zeitrahmen: Nach dem Veranstaltungsbeginn, zu dem auch ergänzend mehrere Workshops stattfinden, haben die Teilnehmer 6 Wochen Zeit, bevor sie ihre Projekte vorstellen. Abschließend findet dann die Preisverleihung statt. Der Hackathon wird von der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Open Knowledge Foundation, der Servicestelle Digitalisierung und der deutschen Wikimedia veranstaltet.

Global Game Jam

Der Global Game Jam (GGJ) ist eine internationale Veranstaltung: Über die ganze Welt verteilt, auch mit mehreren Standorten in Deutschland, finden im Rahmen des Global Game Jams Hackathons rund um Spiele statt. Fachleute aus der Gaming-Branche sowie Spielebegeisterte finden sich jedes Jahr für 48 Stunden zusammen und entwickeln gemeinsam spannende Projekte. Dabei ist es generell egal, ob man Computer-, Brett-, Karten- oder Würfelspiele erarbeitet. So unterschiedlich die entstehenden Games sind, so verschiedenen sind auch die Menschen, die beim Game Jam zusammenkommen: Programmierer, Designer, Spieleentwickler und Personen, die in ihrer Freizeit einfach gerne spielen. Alle Jams auf der ganzen Welt finden am gleichen Wochenende statt und teilen sich das gleiche Thema.

Spiele, die beim Global Game Jam entstehen, werden später unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht.

Fakt

Hackathons, die sich mit dem Entwickeln von Spielen beschäftigen, werden generell – auch unabhängig vom GGJ – als Game Jam bezeichnet.