Scrum Master: Mediator für agile Teams

Scrum, ein Modell des agilen Produktmanagements, kennt drei Rollen: Neben dem eigentlichen Entwicklungsteam und dem Product Owner, der für Qualität und Funktionsumfang der Produkte zuständig ist, gibt es noch den Scrum Master. Auch wenn er nicht direkt an der Entwicklung eines Produkts beteiligt ist, nimmt er einen großen Stellenwert im Gefüge von Scrum ein. Ein Scrum Master ist Trainer, Mediator, Moderator und Assistent gleichermaßen.

Das Modell Scrum war ursprünglich nur für die Entwicklung von Software gedacht. Um Entwicklerteams dynamischer und effizienter zu gestalten, hat man diese agile Methode entwickelt und konkrete Regeln (das Framework) etabliert. Die Abläufe lassen sich aber auch genauso gut auf andere Teams und Produkte anwenden. Egal, ob Software, Hardware oder Dienstleistungen entwickelt werden – der Scrum Master muss immer Teil des Geschehens sein.

Der Scrum Master und seine Aufgaben

Die Aufgaben eines Scrum Masters sind vielfältig. Während einige davon fest im Framework verankert sind und in jedem Szenario Anwendung finden, ergeben sich andere Aufgaben nur in bestimmten Situationen. Die große Hauptaufgabe für den Scrum Master liegt darin, dem ganzen Team mithilfe von Scrum mehr Effizienz zu ermöglichen. Oftmals fällt im Kontext von Scrum auch der Begriff Servant Leadership (Dienende Führung). Aufgeschlüsselt bedeutet das: Der Scrum Master ist eine führende Person, die die Leitung aber als Dienst am Geführten versteht. In diesem Sinne gibt ein Scrum Master nicht nur Vorgaben, sondern er steht dem Team auch helfend bei.

Installation von Scrum

Wenn das Unternehmen oder das spezielle Team zum ersten Mal mit Scrum arbeitet, liegt es am Scrum Master, diese agile Methode zu etablieren. Dafür können unter Umständen Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen, ein ausführliches Training aller Beteiligten und eine umfassende Umstrukturierung der Organisation nötig sein. Und das sollte alles keinesfalls überhastet geschehen. Erst wenn jeder seine Aufgaben, Pflichten und Rechte kennt, sowie die Vor- und Nachteile von Scrum verstanden hat, kann eine produktive Zusammenarbeit gewährleistet werden.

Laufendes Coaching

Auch wenn das anfängliche Training abgeschlossen ist und Scrum eingesetzt wird, steht der Scrum Master weiterhin als Coach zur Verfügung. Bei sämtlichen Fragen zum Scrum-Prozess ist der Scrum Master die richtige Ansprechpartner – und zwar sowohl für den Product Owner, wenn dieser Hilfe bei der korrekten Erstellung von Backlogs braucht, als auch für das Entwicklungsteam, das Fragen zum Ablauf des Sprints hat.

Überwachung der Scrum-Prozesse

Scrum kann nur dann produktiv funktionieren, wenn sich alle Teammitglieder an die Regeln halten. Deshalb ist eine Aufgabe des Scrum Master, als Experte der Methode die Prozesse zu überwachen. Scrum Master greifen ein, wenn Teams gegen die Regeln des Frameworks verstoßen, und sie erinnern an Vorgaben – wie zum Beispiel die Daily Scrums oder die Einhaltung der Sprintlänge. Dabei sollen sie selbstverständlich nicht als drakonische Wächter auftreten, die mit Strafen drohen (die ihnen gar nicht zur Verfügung stehen!), sondern vielmehr anleitend wirken. Oftmals haben Fehler im Ablauf schließlich nicht mit mangelnder Motivation, sondern mit Missverständnissen oder anderen Problemen zu tun. Hier muss der Scrum Master unterstützend eingreifen.

Überprüfung der Scrum-Artefakte

Die Scrum-Artefakte „Product Backlog“ und „Sprint Backlog“ obliegen zwar der Verantwortung von Product Owner bzw. Entwicklungsteam, doch der Scrum Master steht beiden begleitend, überprüfend und helfend zur Seite. So kann ein Scrum Master beispielweise zu Beginn zusammen mit dem Product Owner den Product Backlog entwickeln. Auch im weiteren Verlauf der Entwicklung steht er als Experte für Fragen zu Verfügung.

Moderation & Organisation von Meetings

Im zirkulären Ablauf von Scrum gehören regelmäßig stattfindende Meetings zu den obligatorischen Scrum Events: Sprint Planning, Daily Scrum, Sprint Review und die abschließende Retrospektive werden vom Scrum Master organisiert. Dabei kümmert er sich sowohl um die Zeit- als auch die Raumplanung. Während des Meetings nimmt der Scrum Master zudem oft die Aufgaben eines Moderators. Dies hängt aber von der Art des Meetings ab: Während beim Daily Scrum nur das Entwicklungsteam zu Wort kommen soll, ist bei der Retrospektive die Einflussnahme des Scrum Masters sehr viel höher.

Kommunikation & Mediation

Damit ein Scrum Team möglichst erfolgreich agieren kann, ist Kommunikation untereinander entscheidend. Auch hier hilft der Scrum Master. Er ist Ansprechpartner für jedes Teammitglied und trägt somit dazu bei, dass alle Beteiligten immer auf dem gleichen Informationsstand sind. Denn mangelnde oder fehlerhafte Kommunikation ist oft auch Ursache für Probleme innerhalb des Teams. Ist das der Fall, wird der Scrum Master zum Mediator und versucht, gemeinsam mit den Teammitgliedern Konflikte zu lösen.

Teambuilding

Damit es gar nicht erst zu Konflikten kommt, kann ein Scrum Master auch Teambuilding-Maßnahmen einbauen. Solche Aktionen sind strenggenommen nicht Teil des Scrum Frameworks, können aber dem Team helfen, produktiver zu arbeiten. Auch sie fallen somit in den Aufgabenbereich des Scrum Masters. Dieser muss eine solche Veranstaltung nicht selbstständig organisieren – er darf beispielsweise auch Impulse geben, damit das Team Teambuilding-Events eigenständig organisiert.

Beseitigung von Hindernissen

Unter bestimmten Umständen wird ein Scrum Master auch zum Assistenten des Teams. Zwar leitet er meist eher an, aber er kann auch praktische Hilfe anbieten, wenn dem Team Hindernisse im Weg stehen. Und da es sein oberstes Ziel ist, dem Team zu einer höheren Produktivität zu verhelfen, gehört es auch zu den Scrum-Master-Aufgaben, Störungen zu dokumentieren und aus dem Weg zu schaffen. Teilweise sind solche Hindernisse (die bei Scrum Impediments heißen) ganz banal: Wenn die Arbeitsplatzbedingungen zum Beispiel von Platzmangel oder zu hohen Temperaturen geprägt sind, die einem effizienten Arbeiten im Wege stehen, dann ist es die Aufgabe des Scrum Masters, eine Lösung zu finden.

Aber auch, wenn Software veraltet oder unzureichend ist oder das Team Know-how von außen braucht, kümmert sich ein Scrum Master darum, diese Probleme zu lösen. Darüber hinaus sollte man solche Hindernisse auch im Impediment Backlog dokumentieren. Dabei handelt es sich um eine für alle einsehbare Liste, in der vermerkt wird, was der möglichst schnellen Zielerreichung im Wege steht.

Schutz des Teams

Damit das Team seine beste Leistung erbringen kann, darf es nicht zu oft gestört werden. Auch der Schutz vor externen Einflüssen gehört deshalb zu den Aufgaben eines Scrum Masters. Die Geschäftsleitung oder andere in der Hierarchie höherstehenden Mitarbeitersind oftmals nicht so stark in den Scrum-Prozess eines Teams integriert und erkennen daher nicht die Wichtigkeit der Fokussierung auf eine Aufgabe. Daher stellen diese Personen oftmals zusätzliche Anfragen an das Team, die den Erfolg des Sprints beeinträchtigen bzw. in ihm schlimmsten Fall sogar verhindern können. In solchen Situationen ist es Aufgabe des Scrum Masters, zu intervenieren. Generell kann der Scrum Master auch als Sprachrohr des Teams gegenüber dem restlichen Unternehmen fungieren.

Was gehört nicht zu den Aufgaben des Scrum Masters?

Auch wenn man bereits weiß, was alles zum Aufgabenbereich eines Scrum Masters gehört, sollte man sich bewusst machen, was keinesfalls zu seinen Aufgaben gehört.

  • Kein Entwickler: Die Methode Scrum lässt sich nur dann sinnvoll nutzen, wenn keine Rollen doppelt vergeben werden. Der Scrum Master sollte nicht – quasi in Teilzeit – an der Entwicklung mitarbeiten. Denn dies führt unweigerlich dazu, dass er eine oder gar beide Rollen nicht bestmöglich ausübt.
  • Kein Product Owner: Das gleiche gilt auch für die Vermischung der Aufgaben von Scrum Master und Product Owner. Da beide praktisch neben dem eigentlichen Entwicklungsteam stehen und nicht Teil davon sind, ist die Versuchung groß, nur eine Person dafür einzusetzen. Doch das würde sowohl zu einem Interessenskonflikt führen als auch zu einem Kompetenzproblem – denn es gehört auch zum Aufgabenbereich des Scrum Masters, die Arbeit des Product Owners zu überwachen. Zum anderen müssen beide Rollen ganz unterschiedliche Anforderungen erfüllen.
  • Kein Chef: Der Scrum Master ist Teil des Scrum Teams und schon deshalb nicht Vorgesetzter der Kollegen. Zwar gehört es zu den Aufgaben des Scrum Masters, eine leitende Funktion einzunehmen, doch die ist nicht mit dem Chef des Teams gleichzusetzen. Innerhalb des Teams gibt es nur zu ganz bestimmten Elementen eine Hierarchie (wer zum Beispiel einen Backlog ändern darf), ansonsten agieren alle Rollen auf gleicher Ebene.
  • Kein Handlanger: Zwar ist es richtig, dass ein Scrum Master in manchen Situationen zum Assistenten des Teams wird, das heißt aber nicht, dass er alles für das Team macht. Oftmals ist es zum Beispiel sinnvoller, dem Team zu erklären, wie es die erforderten Tätigkeiten selbst erledigen kann.

Wie wird man Scrum Master?

Vor der Frage, wie man zu einem Scrum Master wird, sollte man zunächst klären, wer dafür überhaupt geeignet ist. Bestimmte Charakterzüge prädestinieren einen eher zu einem Scrum Master als andere. So ist beispielsweise ein hohes Verantwortungsbewusstsein nötig: Scrum Master können sich nicht verstecken. Das bedeutet auch, dass sie weder konflikt- noch menschenscheu sein dürfen. Ein Scrum Master hat schließlich rund um die Uhr mit Menschen zu tun – und diese Interaktionen können durchaus auch konfliktgeladen sein.

Neben solchen Soft Skills gibt es aber auch Zertifikate, die man erwerben kann: Bei einer Scrum-Master-Schulung, die in der Regel zwei Tage dauert, erlernt man die Grundlagen von Scrum sowie Techniken, wie man als Scrum Master erfolgreich mit einem Team zusammenarbeitet. Gleich zwei offizielle Urkunden konkurrieren dabei miteinander. So können Interessierte Scrum-Master-Trainings entweder nach den Vorgaben von Scrum.org oder der Scrum Alliance absolvieren. Nach dem Kurs darf man sich dann entweder Professional Scrum Master oder Certified Scrum Master nennen.

Uneinigkeit herrscht bezüglich der Frage, wie wichtig Fachwissen in dem Bereich ist, in dem das Team arbeitet. In den Anfangszeiten von Scrum hat sich diese Frage auch gar nicht gestellt: Die ersten Scrum Master waren wahrscheinlich Software-Entwickler, die sich weitergebildet haben. Somit war das Fachwissen von vornerein gegeben. Aber inzwischen wird Scrum in so vielen Betrieben genutzt, dass es viele Quereinsteiger gibt und der Beruf eher der Karriere eines Coaches gleicht, der einem Team beisteht. Viele vertreten aber weiterhin die Meinung, dass ein Scrum Master Berufserfahrung aus dem Fachbereich mitbringen sollte. Andere sind der Auffassung, dass es sehr viel wichtiger sei, dass der Scrum Master ein absoluter Experte hinsichtlich der Methode Scrum ist.