Gesetze im E-Commerce: Wie kommt online ein Kaufvertrag zustande?

Ein Vertrag kommt gewöhnlich ohne große Formalien zustande. Es bedarf im Grunde nur zweier Willenserklärungen: Die erste stellt das Angebot dar, die zweite die Annahme des Angebots. Dieses simple Konstrukt gilt für das Brötchenholen morgens beim Bäcker ebenso wie für den Kauf beim Autohändler. Und auch im E-Commerce gelten prinzipiell die gleichen Grundsätze für Vertragsabschlüsse. Doch bis es zu einem rechtskräftigen Online-Kaufvertrag kommt, gibt es einige Dinge zu beachten. Wir zeigen Ihnen den besten Weg zum Vertragsabschluss im Internet.

Konkretes Angebot vs. unverbindliche Warenpräsentation

Grundsätzlich gelten für einen Kaufvertrag im Internet die gleichen Regeln wie offline, doch schon beim Angebot gibt es Besonderheiten. Onlineshops präsentieren, ebenso wie stationäre Händler, ihr Warenangebot im Shop. Statt durch das Ladengeschäft zu schlendern, können sich Kunden dort online durch Produktseiten klicken und ihre Wunschprodukte auswählen.

Das Problem: Der Kunde könnte die reine Präsentation der Ware bereits als verbindliches Angebot mit Ziel des Vertragsabschlusses (§ 145 BGB) interpretieren. Theoretisch könnte er mit einem Klick das Angebot annehmen (§ 147 BGB), wodurch ein Vertrag zustande käme. Was aber, wenn der Händler nicht in der Lage ist zu liefern, weil das gewählte Produkt z. B. ausverkauft ist? Es würde zum Vertragsbruch kommen, unter Umständen entsteht ein Schadenersatzanspruch beim Kunden.

Die Lösung: Das reine Anbieten von Leistungen oder Produkten ist in überwiegenden Fällen noch kein konkretes Angebot auf Vertragsabschluss. Der Onlineshop zeigt eine unverbindliche Warenpräsentation, ähnlich wie beim Schaufenster oder Prospekt im stationären Handel. Der Händler unterbreitet dem Kunden kein verbindliches Angebot.

Der Shop-Betreiber unterbreitet dem Kunden lediglich eine unverbindliche Aufforderung, ein Angebot abzugeben („invitatio at offerendum“). Der Kunde selbst gibt mit Klick auf den Bestellbutton ein Angebot ab. Der Händler nimmt das Angebot an oder lehnt ab, wenn die Ware z. B. nicht mehr vorhanden ist oder er als Dienstleister bereits ausgebucht ist. Das regelt die im deutschen Zivilrecht definierte Vertragsfreiheit. Man muss ein Angebot nicht annehmen; jedem steht es frei, seinen Vertragspartner frei zu wählen.

Ob ein konkretes Angebot oder nur eine unverbindliche Aufforderung des Kunden zum Angebot vorliegt, hängt laut §§ 133, 157 BGB von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Man berücksichtigt dabei u. a. den Inhalt der Angebotsseite, Erklärungen und Verweise in den AGB. Im Einzelfall, wenn der Händler beispielsweise im Zusammenhang mit dem Angebot eine unbedingte Leistungsbereitschaft oder einen rechtlichen Bindungswillen erklärt, handelt es sich um ein verbindliches Angebot. Aber in überwiegenden Fällen ist das bei Onlineshops nicht der Fall. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, stellt den sogenannten fehlenden Rechtsbindungswillen durch deutliche Hinweise wie „solange der Vorrat reicht“ heraus.

Die Annahme des Angebots

Der Kunde hat seinen Warenkorb gefüllt, seine Kontakt- und Zahlungsinformationen hinterlegt. Indem er die Bestellung abschickt, gibt er auch ein verbindliches Angebot an den Händler ab. Was nun noch fehlt, ist die Annahme des Angebots, die zweite erforderliche Willenserklärung, damit ein rechtskräftiger Online-Kaufvertrag zustande kommt.

Eine online durch Klick abgegebene Willenserklärung, also das Angebot des Käufers an den Händler, gilt juristisch als Erklärung unter Abwesenden. Dieses Angebot unter Abwesenden muss der Händler innerhalb einer individuellen Frist annehmen. Die Frist für die Annahme ergibt sich aus den jeweiligen Umständen. Je nachdem, wie viel Zeit man für Übermittlung, Bearbeitung und Prüfung veranschlagt, hat der Händler Zeit, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen.

Da im Onlinehandel die meisten Prozesse automatisiert und in Echtzeit ablaufen, ist diese Zeitspanne relativ kurz anzusetzen. Meist ist die Annahme binnen weniger Sekunden möglich. Überschreitet der Händler diese Zeitspanne und nimmt den Antrag erst nach unverhältnismäßig langer Zeit an, ist der Antragsteller, in dem Fall der Kunde, unter Umständen nicht an das Angebot gebunden und kann zurücktreten.

In der Onlinehandel-Praxis greift hier § 151 S. 1 BGB: Die Annahme des Antrags kann auch ohne Annahmeerklärung zustande kommen. Relevant ist hier die sogenannte Verkehrssitte. Damit der Paragraph greift, muss nach der Verkehrssitte keine explizite Annahmeerklärung zu erwarten sein. Im E-Commerce geht der Kunde davon aus, dass durch die Übermittlung seiner Bestellung auch sein Angebot angenommen wurde. Eine Benachrichtigung erwartet er nur in dem Fall, dass seine Bestellung nicht verarbeitet werden kann, weil z. B. das Produkt ausverkauft ist. Eine offizielle Annahmeerklärung nach Verkehrssitte ist nicht zu erwarten – der Vertrag ist auch ohne diese wirksam.

Online-Auktionen: Wie kommt ein Kaufvertrag auf eBay zustande?

Auf Auktionsplattformen wie eBay versteigern Händler ihre Waren oder bieten sie zum Sofortkauf an, auf Seiten wie MyHammer sind auch Dienstleister vertreten. Für diese Seiten gelten geringfügig andere Regelungen. Der Kunde tritt dort als Bieter auf. Der Ablauf ist ähnlich wie im klassischen Onlinehandel: Der Händler bietet seine Waren auf der Plattform an und eröffnet eine Auktion. Er legt meist ein Mindestgebot fest, um seine Waren nicht unter Wert zu verkaufen, und bestimmt die Dauer der Auktion. Indem er seine Waren anbietet, gibt der Händler hier jedoch ein verbindliches Angebot ab. Den Höchstbietenden muss er später als Vertragspartner anerkennen.

Der Interessent gibt nun ein Angebot innerhalb des Auktionszeitraums ab. Ist er zum Ende der Höchstbietende, wird er zum offiziellen Vertragspartner des Händlers. Schon die Abgabe des Höchstgebots ist dabei die verbindliche Annahme des Angebots, eine weitere Willenserklärung ist nicht erforderlich. Viele Auktionsplattformen bieten auch eine Sofortkauf-Option an: Der Händler stellt seinen Artikel zu einem festgelegten Preis ein, eine Versteigerung findet nicht statt. Hier kommt der Online-Kaufvertrag ganz normal durch Angebot durch den Händler und Annahme durch den Kunden zustande.

Das Auktionshaus, in diesem Fall die Onlineplattform, tritt als Vermittler zwischen Händler und Käufer auf. Sie stellen lediglich die Plattform und die technische Lösung zur Verfügung, am eigentlichen Vertragsabschluss sind sie nicht unmittelbar beteiligt.

Ungültige Vertragsabschlüsse: Wann ist ein Vertrag gültig?

Natürlich läuft nicht immer alles so reibungslos ab wie oben beschrieben. Immer wieder kommt es vor, dass Nutzer online einen Vertrag abschließen, obwohl sie rechtlich nicht dazu befähigt sind (z. B. wegen Minderjährigkeit) oder es gar nicht wollten, etwa unabsichtlich falsch geklickt haben. Kommt in diesen Fällen trotzdem ein rechtswirksamer Vertrag zustande? Wann ist ein Vertrag gültig? Wann darf der Käufer zurücktreten und wann ist er zur Annahme und Zahlung der Ware verpflichtet?

Fall 1: Der Käufer ist minderjährig

Nach § 106 BGB sind Minderjährige bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahrs in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. Das heißt, dass sie auch Verträge im Internet nur mit der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters abschließen dürfen. Bestellt nun ein Minderjähriger im Onlineshop, ist der Online-Kaufvertrag schwebend unwirksam. Gibt der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung nicht, ist der Vertrag ungültig. Der Verkäufer hat hier keine Schadenersatzansprüche, z. B. für Versand oder Verpackungskosten. Das gilt auch, wenn der Minderjährige falsche Angaben zum Alter gemacht hat, denn als Händler genießt man in Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners keinerlei Schutz.

Fall 2: Fehlerhafte Dateneingabe oder -übermittlung durch den Käufer

Fehler unterlaufen den meisten Menschen, auch beim Kaufvertrag im Internet. Schnell hat man statt der 1 die 11 eingetippt und plötzlich 11 Artikel statt dem einen gewünschten bestellt. Der Käufer hat zum Glück die Möglichkeit, seine Erklärung anzufechten und die Bestellung rückgängig zu machen. Der Verkäufer kann jedoch Schadenersatzansprüche geltend machen. Sind durch die Fehlbestellung unnötige Versand- oder Verpackungskosten entstanden, muss der Käufer diese erstatten.

Es gibt jedoch Ausnahmen, nämlich dann, wenn die Fehlbestellung auf das Verschulden des Verkäufers zurückzuführen ist. Das ist der Fall, wenn ein verwirrend oder nicht eindeutig gestaltetes Bestellformular oder die fehlende Möglichkeit, Eingabefehler rückgängig zu machen, Schuld an der Fehlbestellung waren. Die letzten Punkte fallen unter die besonderen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr, die jeder Händler zu erfüllen hat (s. u.).

Fall 3: Fehlerhafte Datenübermittlung durch den Verkäufer

Auch der Anbieter kann Eingabefehler machen oder ein Fehler in der Software führt zur falschen Ermittlung von Preisen. Doch nur weil im Onlineshop der teure Computer fälschlicherweise zum Spottpreis ausgeschrieben ist, hat der Kunde noch keinen Anspruch darauf. Denn wie oben beschrieben ist das Warenangebot im Onlineshop kein verbindliches Angebot.

Wird im Shop ein falscher Preis angezeigt, hat der Käufer keinen Anspruch, die Ware auch zu dem Preis geliefert zu bekommen. Fällt dem Verkäufer der Fehler allerdings nicht auf, kommt ein rechtskräftiger Online-Kaufvertrag zustande, sobald er die Ware zum angegebenen Preis ausliefert. Hier besteht jedoch die Möglichkeit, den Vertrag aufgrund eines Irrtums anzufechten.

Besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr

Der Händler im E-Commerce – offiziell spricht man vom „elektronischen Geschäftsverkehr“ – hat wie oben erwähnt besondere Pflichten zu erfüllen. E-Commerce-Richtlinien sollen für einen effektiven Schutz des Kunden sorgen, indem sie z. B. einheitliche Regelungen zu Transparenz oder Informationspflicht beim Kaufvertrag im Internet vorgeben. § 312e BGB regelt gewisse Informationspflichten, denen der Händler nachgehen muss. Außerdem hat er einige technische Voraussetzungen zu erfüllen.

  • Der Kunde muss jederzeit die Möglichkeit haben, seine Eingabe während des Bestellprozesses zu korrigieren. Der Händler hat sicherzustellen, dass „mittels angemessener, wirksamer und zugänglicher technischer Mittel“ Fehler erkannt und berichtigt werden können. In der Praxis hat es sich bewährt, dem Kunden am Ende des Bestellvorgangs noch einmal alle wichtigen Informationen in einer Übersicht darzustellen und diese bestätigen zu lassen.
  • Der Händler muss die technische Umsetzung mit allen Schritten, die zum Vertragsabschluss führen, darlegen. Er muss außerdem den Kunden darüber informieren, ob er den Vertragstext nach Abschluss speichert und wo dieser für den Kunden zugänglich ist. Zur Speicherung nach Vertragsabschluss ist der Händler nicht verpflichtet, muss dem Kunden aber vorab selbst die Möglichkeit zur Speicherung geben.
  • Der Händler ist laut § 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB zu einer unverzüglichen Bestätigung der Bestellung verpflichtet. Eine automatisch versandte Bestätigungsmail ist hier möglich. In der Praxis müssen Händler darauf achten, den Text einer solchen E-Mail eindeutig zu formulieren. Es handelt sich lediglich um die Bestätigung des Bestellungseingangs, der nicht gleichzusetzen ist mit der bindenden Annahme des Angebots, das der Kunde unterbreitet. Der Gesetzgeber fordert lediglich eine Bestätigung des Zugangs der Bestellung, nicht die Bestätigung der Bestellung als solche. Onlinehändler sollten es daher vermeiden, in der Mail-Ansprache von „Kunde“ zu sprechen, was zu falschen Annahmen führen könnte.
  • Der Kunde muss die Möglichkeit haben, alle relevanten Dokumente (Vertragsbestimmungen einschließlich AGB) bei Abschluss des Vertrages abzurufen und zu speichern (§ 312e Abs. 1 Nr. 4).
Fazit

Das Recht für den E-Commerce unterscheidet sich an mancher Stelle mehr, an mancher weniger von der Rechtsprechung im traditionellen Handel. Doch können die teils nur kleinen Unterschiede, wenn man sie nicht sorgfältig umsetzt, zu großem Schaden führen. Gerade Gründer und noch frische Unternehmer im E-Commerce sollten zu Beginn ihres Vorhabens bei der juristischen Beratung nicht sparen. Dieser Artikel stellt ausdrücklich keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der allgemeinen Information.